Ungleiche Realisierungschancen für einen Ganztagsplatz im Grundschulalter

Ab 2026 gilt ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Erstklässler, der bis 2030 auf alle Grundschulkinder ausgedehnt wird. Mit den neuesten Daten aus 2022 kann gezeigt werden, dass der Bedarf der Eltern an außerunterrichtlicher Bildung und Betreuung für ihre Grundschulkinder bis dato und auch weiterhin nicht durch die vorhandenen Angebote gedeckt werden kann, dass aber ein Bedarf der Eltern auch nicht immer gleich ein Ganztagsbedarf ist. Für 73 Prozent aller Kinder besteht derzeit ein Bedarf an die Unterrichtszeit ergänzenden Angeboten. Immerhin 5 Prozent aller Grundschulkinder in Deutschland besuchten kein außerunterrichtliches Angebot, obwohl die Eltern einen Bedarf hatten. Eine solche Lücke zeigt sich in nahezu allen Bundesländern. Weitere 3 Prozent nutzten zwar ein Angebot, dessen Umfang war jedoch mindestens fünf Stunden pro Woche geringer als die Eltern benötigten. Um Familien ein bedarfsgerechtes Angebot unterbreiten zu können, sind weitere Ausbaubemühungen nötig. Dies und weitere Befunde sind zentrale Ergebnisse der jetzt vorliegenden Studie „Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder – entsprechen sie den Bedarfen der Eltern?“ des DJI-Kinderbetreuungsreports 2023. Die Datengrundlage dafür bildet die Elternbefragung 2022 der DJI-Kinderbetreuungsstudie (KiBS).

Der derzeitige Platzmangel macht es einigen Familien besonders schwer, ihren eigentlich vorhandenen Bedarf in die Nutzung eines Angebots zu verwandeln: Die Ungleichheiten im Zugang verstärkten sich sogar über die letzten Jahre hinweg. Bei vorhandenem Bedarf gelingt es Familien mit Migrationshintergrund sowie solchen mit niedrigerer Bildung immer weniger gut, einen Betreuungsplatz zu bekommen als Familien ohne Migrationshintergrund oder mit höherer Bildung. Das Ziel, die Teilhabe für alle Kinder zu verbessern und so zu gleichwertigen Lebensbedingungen beizutragen, wird aktuell nicht erfüllt.

Entwicklung des Betreuungsbedarfs stagniert

Bis zum Jahr 2018 stieg der Bedarf an außerunterrichtlichen Angeboten nahezu parallel zum Anteil der Kinder an, die ein solches Angebot nutzten. Seit 2019 stagniert dieser Anstieg jedoch sowohl in Ost- als auch in West­deutschland. Da im Zuge des Platzausbaus in Westdeutschland die Inanspruchnahme noch bis 2020 weiter gestiegen ist, hat sich die Lücke zwischen Bedarf und Inanspruchnahme in den letzten Jahren deutlich verringert. Trotzdem müssen weitere Betreuungsplätzen geschaffen werden.

Nur ein Teil der Eltern wünschte ganztägige Angebote

Der Ausbau der Betreuungsangebote in den vergangenen Jahren war sehr stark auf Ganztag fokussiert. Allerdings belegen die KiBS-Daten wiederholt, dass in einigen Bundesländern ein Teil der Eltern kürzere Betreuungs­angebote, zum Beispiel über die Mittagszeit, nachfragt, nutzt und damit seine Bedarfe decken kann. Die Entscheidungsträger in den Ländern sollten daher auch Konzepte entwickeln, wie eine solche Übermittags­betreuung von Grundschulkindern qualitätsvoll gestaltet werden kann.

Seit sieben Jahren erarbeitet das KiBS-Team jährlich eine Reihe von vertieften Analysen, die im Format des DJI-Kinderbetreuungsreports auf der Homepage des Projekts als thematisch fokussierte Studien frei verfügbar sind. Zu den jährlich wiederkehrenden Themen gehören dabei die Fortschreibung der elterlichen Bedarfe an und die aktuelle Nutzung von Angeboten der frühen Bildung durch Kinder ab der Geburt bis zum Ende des Grundschulalters. Die Auswertungen beschäftigen sich aber beispielsweise auch mit den Elternbeiträgen für die Nutzung von Angeboten, den Gründen für eine Nichtinanspruchnahme von Kindertagesbetreuung oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

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